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Unterschiedliche Steuerreflexe in Deutschland und Südafrika

Aktualisiert: 20. Dez. 2019

Mit dem Finanzamt ist es wie mit dem Gendarmen: Am besten man wird von beiden nicht behelligt. Denn auch dem Unbescholtenen fällt mal ein Haar in die Suppe bzw. wer sucht, der findet.


Ungemütliche Gefühle im Zusammenhang mit der Exekutive lassen sich am wirksamsten begegnen, indem man sich mit den Grundregeln aktiv auseinandersetzt, wozu wir Sie von Berufs wegen unterstützen. Rechtssicherheit im Sinne einer Tiefschlafgarantie ist nämlich Steuern und Abgaben systemfremd. Meldet sich die Nachlässigkeit bei einer Prüfung dann noch zur Unzeit zurück, kann es bitter werden und guter Rat teuer.


Worum geht es? Neben dem in Südafrika unbekannten Nachprüfungsvorberhalt hat der deutsche Fiskus über das Instrument der «neuen Tatsache» ein wirksames Mittel, nachträglich Sachverhalte neu zu bewerten und mit Nachforderungen zu überraschen. Dank risikoorientierter Prüfungsraster und intelligenter Plausibilisierungen wurden Nachschauen und Nachfragen durch das Finanzamt effizienter, wobei sich in den letzten Jahren auch der Bereich der Sozialabgaben bei Arbeitgebern zunehmend zum Stressfaktor gemausert hat. So ist z.B. ohne Statusfeststellung in bestimmten Nachfolgeszenarien oder bei der Einbindung von Selbständigen kaum noch rechtsicher zu beraten. Ist das Kind in den Brunnen gefallen, wirken gerade bei der Sozialversicherung die Sanktionen empfindlich, weil hier kaum Spielraum besteht, Beitragsnachforderungen wenigstens anteilig auf den betroffenen Arbeitnehmer umzulegen. Insgesamt ist das Terrain in Deutschland vermient, was die Reflexe daher von Umsicht prägt - oder prägen sollte.


In Südafrika erscheint dieser Reflex von außen betrachtet nicht so ausgeprägt angelegt, was wir am Beispiel Lohnsteuer und Abgaben näher betrachten wollen. Wegen der geringen Abgabenquote ist ein Nachforderungsrisiko von Natur aus vernachlässigbar. Da zudem nur bei einer Minderheit das Erwerbseinkommen über der steuerlichen Freigrenze liegt, besteht auch bei der Lohnsteuer wenig Besorgnis und, sofern Arbeitnehmer ihre vergleichbar starken Schutzrechte nicht einklagen, auch wenig Anlass, kompliziert mit der Bezahlung von Dienstleistern und Personal umzugehen. Doch der Schein trügt.


Betrachten wir die formelle Seite. Wie in Deutschland schuldet der Arbeitgeber die Lohnsteuer (PAYE) als Abzug auf Vergütungen seiner Angestellten. Erfolgen die Lohnsteueranmeldungen unvollständig oder nachträglich, fallen genau wie bei der in Südafrika selbst zu berechnenden Einkommensteuer-Voraus- und -schlusszahlung nicht nur Zinsen an (das sind gegenwärtig 10%) sondern, was schmerzhaft ist, auch diverse Strafzuschläge. Je nach Umstand und Versäumnis schaukeln sich diese bis zu 100% des Steuerbetrages auf, wobei hier noch kein Hinterziehungswille vorliegen muss.


Sanktionen verhängt die Verfahrenssoftware von SARS übrigens ohne Ankündigung und ohne eine Fristsetzung automatisch, wie ja auch während der Korrekturfrist (3 Jahre) Bescheide ohne Anhörung geändert werden können. Achtung: Der Betroffene trägt das Risiko der Kenntnisnahme! Sind Bescheide aus Unkenntnis oder Einspruchsversäumnis einmal verfristet oder sind Sanktionen festgesetzt, besteht ein Rechtsanspruch auf Abhilfe hiergegen nur in begründeten Ausnahme- und Härtefällen, die ihrerseits einen oftmals unwägbaren Verfahrensgang erfordern.


Doch nicht genug: Liegen Erklärungslücken und Zahlungsrückstände vor, schlägt der Compliance-Status an, mit dem Effekt, dass Steuererstattungen auch schon bei geringen Differenzbeträgen ausbleiben und sogar die Zahlungssysteme öffentlicher Auftraggeber blockieren. Ohne Compliance-Flag lassen sich in bestimmten Konstellationen z.B. auch keine Gelder ungehindert ins Ausland zurücktransferieren.


Reicht vorstehendes Szenario eigentlich bereits aus, um proaktive Steuerreflexe auch in Südafrika zu stimulieren und sich als Außenstehender von der Meinung zu verabschieden, dort sei alles easy und relax, gesellen sich als weitere Schwierigkeiten Unwägbarkeiten der Verwaltung selbst hinzu. Der als Sicherheitsventil hierfür im Oktober 2013 geschaffene «Tax Ombut» hat neben Verfahrensklärungen gemäß s18 TAA insbesondere die Aufgabe, bei «systemic issues» gegen die eigene Verwaltung vorzugehen. Solche Issues lesen sich in dem nach s19 TAA verpflichtenden alljährlichen Schwarzbuch wie ein Krimi. So werden Veruntreuungen seitens der Finanzbeamten ebenso ungeschönt berichtet wie Verletzungen der gesetzlich klar definierten Verfahrensabläufe. Zum Beispiel belegt in der Statistik 2018 mit 35% der Ombutsfälle das ungerechtfertigte Zurückbehalten von Steuerguthaben die Pool-Position. Im größten Einzelfall veranlasste die Stelle eine Umsatzsteuer-Erstattung von 158.286.298,15 ZAR. Um den Ausflug in die Verwaltungswirklichkeit abzurunden: Der Bericht gipfelt in der Aussage, «reaching out to taxpayers has provided us with insight into the issues affecting them and listening to their frustrations with SARS has been overwhelming. Das ist schon bemerkenswert offen für eine Steuerverwaltung!


Zurück zur Lohnsteuer als Beispiel für Bereiche mit Nachzahlungsrisiken und Sanktionen. Die Pflicht zum Einbehalt von dieser Steuer leitet sich aus der Definition des «employee» (4. Schedule) ab. Was ist hier neu? Ab 1.3.2019 sind die seit 2012 zur Lohnsteuer verpflichteten Directors von Körperschaften (z.B. von Einmann-GmbHs) nicht mehr Angestellte im Sinne des Lohnsteuerabzugs. Das dürfte den Verwaltungsaufwand bei diesen Firmen um einiges vereinfachen. Unverändert hart trifft der Lohnsteuereinbehalt nach wie vor auf Arbeitsverhältnisse mit Vergütungen, die zwar unter dem Jahresfreibetrag der Lohnsteuertabelle liegen, aber weniger als 22 Wochenstunden umfassen. Um hier die Pflichtpauschalierung (25%) zu verhindern, empfiehlt sich die wahrheitsgemäße schriftliche Verpflichtung des Arbeitnehmers, dass dieser keiner weiteren Beschäftigung nachgeht.

Die Gefahr der Lohnsteuernachzahlung erwächst dem Auftraggeber regelmäßig bei Beauftragung von Dienstleistern, wenn diese nicht die Kriterien der Selbständigkeit als «independant contractor» erfüllen. Eine besondere Kategorie bilden dort die sog. «personal service provider», also Dienstleister, die mit eigener GmbH direkt beim Auftraggeber tätig werden und dabei gegen die Formalia der Selbständigkeit verstoßen. Da der Auftraggeber diese steuerrechtliche Einordnung nicht vornehmen kann, sollte bei Zweifeln die Vorlage einer Freistellungsbescheinigung verlangt werden. Ansonsten wäre von den Auszahlungen an diese Auftraggeber der Pauschalsatz für Körperschaften (28%) als Lohnsteuer einzubehalten.


Nicht dem Arbeitnehmer/Dienstleister weiterbelastbare, d.h. infolge einer Prüfung abgeführte Lohnsteuern, Strafzuschläge sowie Nachzahlungszinsen sind übrigens nicht wie in Deutschland beim Auftraggeber/Arbeitgeber Betriebsausgaben. Sie gelten hier als nicht der Erwerbstätigkeit dienend und sind folglich vom Abzug ausgeschlossen - womit eine weitere Eskalation im Sanktionsportfolio der südafrikanischen Finanzverwaltung greift.


© Steiner Tax Consultants (Pty) Ltd, Cape Town - www.steiner-taxconsultants.com Stand 6/2019

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