Steuerfreiheit der Auslandsrenten im Visier
- Anselm Steiner

- vor 4 Tagen
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Aktualisiert: vor 3 Tagen
Im Zuge der öffentlichen Anhörung zu den Reformen des Jahressteuergesetzes 2026/2027 dürften in diesen Monaten vor allem in Südafrika steuerlich ansässig gewordene Bezieher von Altersbezügen hellhörig geworden sein, die sich regelmäßig nicht um steuerliche Themen kümmern.
Denn sollte der Plan zur Aufhebung der Steuerfreistellung von Auslandsrenten Realität werden, stünden wir vor einem Paradigmenwechsel, den viele Betroffene in ihrer steuerlichen Lebensplanung kaum auf dem Schirm gehabt haben können. Vermutlich werden viele Auslandsrentner, insbesondere jene, deren Renten im Ausland bislang nicht besteuert wurden, sich auf eine höhere Steuerlast einzustellen haben. Zumindest führt die Reform für die meisten von ihnen zu einem deklaratorischen Kraftakt und erhöht die steuerliche Transparenz erheblich. Hinsichtlich des fiskalischen Effekts der Initiative dürften eher Zweifel aufkommen, führt sie doch zu den üblichen Abwehrreflexen mit verstärkter Kapitalflucht und umgeleiteten Devisen.
Worum es geht? Das südafrikanische Einkommensteuergesetz stellt in Section 10(1)(gC)(ii) Einmalzahlungen und Renten aus im Ausland erworbenen Ansprüchen, die im Zusammenhang mit früheren Arbeitszeiten außerhalb der Republik stehen, von der Besteuerung frei. Genau diese Freistellung steht nun zur Disposition, da sie ersatzlos gestrichen werden soll.
Die öffentliche Diskussion um die Novelle gibt uns die Gelegenheit, das Thema der Rentenbesteuerung erneut in unseren Features aufzugreifen. Nachfolgend die wesentlichen Punkte hierzu.
Wichtig: Die ganze Aufregung betrifft nur diejenigen, die abkommensrechtlich in Südafrika ansässig geworden sind. Damit rückt einmal mehr die Frage der Ansässigkeit in den Vordergrund – gerade bei jenen, die dieses Thema wegen geringer persönlicher steuerlicher Auswirkungen bisher gerne vernachlässigten. Tatsächlich waren bei Auslandsrentnern bislang meist nur Zinsen steuerpflichtig, und dank hoher Freibeträge (bei über 74-Jährigen sind es rund R 200.000) ließ sich das leicht unter dem Teppich halten. Fällt nun aber die Steuerfreiheit bestimmter Rentenbezüge weg, kann es schnell eng werden: Neue zu versteuernde Einkünfte schieben den Rentner ohne korrekte Steuererklärung leicht in die Steuerhinterziehungsfalle – mit verfahrensrechtlichen und schlafhygienischen Nebeneffekten. Die unbesorgte Altersruhe wäre jedenfalls dahin.
Ist die Ansässigkeit einmal bejaht, stellt sich die Frage, welche Alterseinkünfte ausländischer Quelle Südafrika freigestellt. Die genannte Section 10(1)(gC)(ii) ITA umfasst nur Renten, denen ein Arbeitslohn zugrunde liegt. Kapitalgedeckte Lebensversicherungen, die in Deutschland häufig nur mit dem Ertragsanteil besteuert werden, oder Rürup-Renten waren schon bislang nicht befreit. Anderes Thema: Sozialversicherungsrenten. Hierunter dürften auch Ersatztatbestände zu subsumieren sein wie die berufsständischen Versorgungswerke: Für sie gilt die Ausnahmeregelung nach Section 10(1)(gC)(i) ITA, die nicht angetastet werden soll.
Welchen Einfluss hat das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und Südafrika? Artikel 15 (2) DBA weist die Besteuerung von Beamtenpensionen und anderen Zahlungen aus öffentlichen Kassen grundsätzlich dem Kassenstaat zu, also Deutschland. Anderes gilt für die übrigen Ruhestandsbezüge – also alle nicht aus öffentlichen Kassen stammenden –, deren Besteuerungshoheit nach Artikel 19 DBA ausschließlich beim Ansässigkeitsstaat liegt, allerdings unter der Maßgabe, dass dieser sein Besteuerungsrecht auch tatsächlich ausübt. Für Rentner mit deutschen Betriebsrenten bedeutete der bisherige Verzicht Südafrikas auf seine Versteuerungsprärogativen, dass Deutschland als Kassenstaat die Besteuerung wahrnehmen konnte – was es bisher auch tat. Die Folge: Für viele Auslandsrentner war RIA in Neubrandenburg und nicht SARS zuständig. Das dürfte ab März 2026 Vergangenheit sein.
Ob die Novelle im Einzelfall im Zusammenhang mit Deutschland überhaupt finanzielle Konsequenzen zeitigt, hängt von der individuellen Situation ab: vermutlich ja. Zwar waren die Renten schon bisher nicht vollständig steuerfrei, doch die Besteuerungsgrundlagen unterscheiden sich zwischen den beiden Ländern – insbesondere im Hinblick auf die nachgelagerte Besteuerung und den Ertragsanteil. Hinzu kommt, dass Freibeträge nicht mit dem Wechsel des Besteuerungsorts mitwandern. In Bezug auf die fiktive unbeschränkte Steuerpflicht kann es daher durchaus passieren, dass die nun nicht mehr der deutschen Besteuerung unterliegenden Einkünfte die relativen und absoluten Kriterien § 1 (3) EStG übersteigen und damit Progressionsvorteile entfallen. Die Folge: höhere Einkommensteuern auf die deutschen Sozialversicherungsrenten – mit eventuell fehlendem Verrechnungspotenzial nach Section 6quat ITA in Südafrika.
Eine wichtige Änderung dürfte sich auch bei der Besteuerung der deutschen Betriebsrenten ergeben. Sie unterliegen dem Lohnsteuerabzug gem. §38b (1) Nr. 1b i.V.m. § 50 (2) EStG mit abgeltender Wirkung nach Steuerklasse 1. Das war bislang vorteilhaft für die Progression eines in Deutschland beschränkt Steuerpflichtigen. Das Thema Betriebsrenten ist jedoch insgesamt zu komplex, um es an dieser Stelle umfassender darzustellen. Weiterführende Gedanken finden sich dazu im Urteil des BFH vom 10. Mai 2017 (I R 82/15), das wohl wieder stärker in den Fokus rücken dürfte.
Ihr Anselm Steiner MA, MSc Taxation, Steuerberater, Chartered Tax Adviser (SAIT) © Steiner Tax Consultants Pty. Ltd., Cape Town - www.steiner-taxconsultants.com
Stand 11/2025 – not generated by AI


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