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Automatisierter Datenaustausch: das Raster wird zunehmend enger

Aktualisiert: 30. Juni 2023


Dass die Besteuerung von Einkommen nicht nur nationalen Normen folgt, sondern auch zwischenstaatlichen Abkommen, dürfte sich bei den meisten Steuerzahlern mit Auslandsberührung herumgesprochen haben. Hierbei jedoch nur die Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) und deren steuerlichen Zuweisungsregelungen Beachtung zu schenken oder der Frage, wie im Konfliktfall mit steuerrelevanten Sachverhalten zu verfahren wäre, verstellt den Blick auf Entwicklungen, die den Behörden ein zunehmend vernetztes und effizientes Informationssystem an die Hand geben, um solche Sachverhalte überhaupt erst einmal offenbar werden zu lassen.

Um welche Entwicklungen geht es hier?


Vor dem Hintergrund wachsender Verflechtung der Volkswirtschaften, der Vertiefung der internationalen Handelsbeziehungen und der global agierenden Finanzwirtschaft erhöhte sich spätestens seit Mitte des letzten Jahrhunderts der Druck auf und die Notwendigkeit für die in ihrem nationalen Steuerrecht begrenzten Nationalstaaten, Offshore-Investitionen steuerverträglich in einen Regelungsrahmen einzubinden, um sie vor Benachteiligungen, insbesondere vor einer mehrfachen Steuerbelastung zu schützen. Die ersten Abkommen wurden Ende der 50er Jahre geschlossen (Niederlande), vorn mit dabei das südafrikanische (1974), die meisten jedoch erst über eine Generation später. DBAs wurden spätestens dann unverzichtbar, als immer mehr Länder ihre Besteuerungsprinzipien auf das Welteinkommen umstellten und damit Ansässigkeitskonflikte in den Vordergrund rückten.


In Reaktion auf diese junge Steuerrechtsentwicklung schaltete dann allerdings die nationale Gesetzgebung auf Rückwärtsgang, um aus ihrer Sicht unerwünschte Auswüchse dieser Internationalisierung einzufangen. Das geschieht über sog. Rückfall- und Switch-Over-Klauseln (vgl. § 50d Abs. 8 und 9 EStG), bei Qualifizierungskonflikten im Zusammenhang mit der gewerblichen Prägung (§15 Abs. 3 Nr. 2 EStG) und anderen Gelegenheiten. Denn unter den Schirm solcher Abkommen traten dann auch Steuerstrategen, die losgelöst von den Nöten der Realwirtschaft, in der Steueroptimierung eine feste Instanz ihrer Geschäftstätigkeit entdeckten: illustre Beispiele kennt hier jeder. In Summe führten jedoch die Abkommen bei der Masse der Steuerfälle zu einem Rückgang von Unsicherheiten und zu weniger Wettbewerbsverzerrung zwischen den international Agierenden selbst.


Ein weiteres Ergebnis dieser Abkommen ist, dass sie zusammen mit deren Normengremien (in unserem Fall die OECD, aber auch die Vereinten Nationen z.B. für die kapitalimportierenden Volkswirtschaften) einen rechtlichen Rahmen für die internationale Steuerkooperation angelegt hatten, auf dessen Grundlage sich weitere, viel tiefergreifende Regularien etablieren konnten, die gerade Staaten mit hohem Kapitalexport die Chance auf den gewünschten Informationszugriff hinein in fremde Rechtsräume eröffneten.


Denn bereits das betagte DBA Südafrika regelte über das Diskriminierungsverbot und dem Ziel der Vermeidung von Doppelbesteuerungen hinaus den Austausch von Informationen – natürlich mit der Begründung, die abkommenskonforme Besteuerung von internationalen Sachverhalten zu ermöglichen (vgl. Art. 21). Dank der rasanten technischen Entwicklung in der Datenverarbeitung, sind in den letzten 20 Jahren weitere und speziellere Regelungswerke hinzugetreten, deren Wirkung den historisch sehr unterschiedlich gewachsenen und schwerfälligen Doppelbesteuerungsabkommen in nichts nachstehen.


Die Beratungspraxis trifft regelmäßig auf Fragen zur Relevanz des zwischenstaatlichen Informationsaustauschs und dem Entdeckungsrisikos bislang unerklärter Sachverhalte. Gerade aus südafrikanischer Perspektive hält sich die nur bedingt begründete Vermutung hartnäckig, dass Erträge aus anderen Staaten nicht zu SARS durchdringen und steuererhebliche Vorgänge im Inland nur unvollständig gegengecheckt werden. Tatsächlich mischt gerade Südafrika im Bereich des internationalen Datenaustauschs seit je her vorne mit und baut auch im Binnenverhältnis konsequent über Drittmeldungen und KI-gestützt ein stringentes Prüfsystem in seinen Besteuerungsvollzug ein. Konkret meldet SARS seit einigen Jahren Finanzdaten der Bankkunden offshore und identifiziert steuerkritische Auslandssachverhalte bei unbeschränkt Steuerpflichtigen über die berüchtigten Checkboxes, die als strafbewehrte Präambel einer jeden elektronischen Steuererklärung vorgelagert sind.


Treibende Kraft dieses Dataminings sind, wie bei vielen anderen internationalen Regulierungsoffensiven, die USA, hier über ihr in 2010 in Kraft getretenes Steuerhinterziehungsbekämpfungsgesetz FACTA (Foreig Account Tax Compliance Act). Es zwingt ausländische Eigner und wirtschaftlich Berechtigte von US-amerikanischen Bankkonten sowie ausländische Finanzinstitute mit US-Inlandsberührung unter wirksamer Androhung einer nicht anrechenbaren Strafsteuer (30%) zur Preisgabe sämtlicher amerikanischer Auslandsinteressen und Finanzverbindungen. Neben personenbezogenen Daten (incl. der ausländischen Identifikationsnummer) sind hier Depot- und Kontenstände sowie Kapitalerträge (Dividenden, Zinsen, Veräußerungserlöse) im Visier. FACTA wurde in viele nationale Gesetzgebungen übernommen: Deutschland hat das IGA mit Amerika am 11.12.2013 wirksam ab dem 1.7.2014 umgesetzt, Südafrika mit dem Agreement vom 13.2.2015 zum 1.1.2016.


Parallel dazu haben sich die Länder untereinander unter der Federführung der OECD dann selbst auf ein ähnliches Reporting geeinigt, um datenschutzrechtliche Bedenken aus der FACTA Meldung zu minimieren und das Prinzip einer Meldedatenbank auch bei Ländern hoffähig zu machen, die sich FACTA entgegenstellten. Von nun an werden persönliche und steuerlich relevante Daten nicht mehr unmittelbar, sondern über die landeseigenen Steuerbehörden weitergeleitet. Mittlerweile haben sich bereits über 100 Staaten weltweit auf Grundlage des Common Reporting Standards (OECD-CRS) dazu verpflichtet, an jeweils eine Zentrale (in Deutschland ist es das BZSt, in Südafrika SARS) steuerrelevante Bank-Kundendaten von ausländischen Kontoinhabern zu melden und über die Kommunikationschnittstelle zwischen den Ländern weiterzugeben. Für Bankkunden mit US-Bezug laufen die vorgenannten besonderen Reportings dabei munter weiter.


Während der Datenaustausch nun mittlerweile routinemäßig abläuft, was viele unserer Mandanten schon bemerken durften, hält sich der Initiator der Datenkollekte nach unseren Internetrecherchen mit seiner Kooperation übrigens bedeckt. So profitieren US-Behörden zwar weltweit von nach den eigenen Erhebungsstandards gehorsamst zugetragenen umfangreichen Datensätzen, doch melden sie ihrerseits nur sehr zögerlich zurück und empfehlen sich damit als die eigentliche Steueroase für passive Einlagen aller Art. Insbesondere sollen die wirtschaftlich Berechtigten nicht Gegenstand der Mitteilungen aus Übersee sein.


Ganz anders in Deutschland oder Südafrika, wo nach der Änderung des Geldwäschegesetzes (GwG bzw. FIC-Act) wirtschaftlich Berechtigte von Unternehmen und Drahtzieher hinter bestimmten Transaktionen der Öffentlichkeit preiszugeben sind.


Ein wenig beachteter Effekt dieser neuen Transparenzinitiative ist nun, dass auch des Südafrikaners liebstes Kind, nämlich der Trust, aus dem Schatten der Anonymität treten soll. So bestimmt das Gesetz 22 zur Geldwäsche und Anti-Terrorismus-Finanzierung vom 29.12.2022 (Gouvernement Gazette Nr. 47815) mit Wirkung vom 1. April 2023 (das ist kein Scherz) für den Trust Property Control Act, dass sich jeder Trustee (Achtung, für ausländische Trustees wurden die Auflagen gleich mit angepasst!) gegenüber dem Registergericht (https://www.justice.gov.za/master/trust.html#TBO) identifizieren muss unter Angabe weiterer, umfassender Informationen zu dem von ihm vertretenen Trust. Unter diese Mitteilungen fällt auch die Liste der Begünstigten (beneficiaries). Man stelle sich die Unmenge an irgendwie gestalteten, über Jahrzehnte gewachsenen Trusts vor, deren Organe sich ohne großes Aufheben über die Zeit verändert haben, während das für den Trust selbst oder Dritte kaum mitgehalten wurde. Damit hier nicht lange herumgefackelt wird, sieht jedenfalls das Gesetz bei Zuwiderhandlungen gegen die neuen Publizitätspflichten drakonische Freiheitsstrafen von bis zu 5 Jahren und/oder Geldbußen bis 10 Mio. ZAR zu Lasten der zufällig greifbaren Trustees vor (vgl. s 19 (2) des Gesetzes 22). Manchem südafrikanischen Trust dürfte damit der Garaus gemacht sein.


Um das Vergnügen gleich rund zu machen, hat sich gleich noch das Finanzamt SARS zwischengegrätscht und jeden Trust über die eigens dafür erfundene Erklärung IT3(t) dazu verpflichtet, beginnend ab September 2023 die individuellen Steuerdaten der Trustorgane (sowohl der früheren wie auch der aktuellen Begünstigten) und die steuerlichen Ergebnisses des Trusts selbst elektronisch hochzuladen. Wie andere dieser in Südafrika für eine Amtsveranlagung relevante sog. «third party declarations» (hierunter fallen bereits alle Arbeitgeber, Banken, Versicherungen, steuerbegünstigte Zwecke, Altersvorsorge- und Vermögensverwaltungsinstitutionen, Gewinnausschüttungs- und Zinsschuldner sowie neuerdings auch zugelassene Handwerker, die Bescheinigungen für die Installation privater PV-Paneele hinterlegen), öffnet sich damit ein neues Feld von Besteuerungsanlässen, das die Betroffenen noch die nächsten Jahre zu verdauen haben werden.


Im Ergebnis dieses Features ist also zu berichten, dass der Dornröschenschlaf bei steuerlich relevanten Informationen dritter Quelle aus dem Aus- oder Inland seinem Ende zusteuert.


Ihr Anselm Steiner MA, MSc Taxation, Steuerberater, Chartered Tax Adviser © Steiner Tax Consultants Pty. Ltd., Cape Town - www.steiner-taxconsultants.com

Stand 5/2023

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