Bekanntlich hat in Südafrika der Finanzminister nicht die Richtlinienkompetenz für die Landespolitik. Dennoch erwartet die ganze Nation jedes Jahr Ende Februar fieberhaft seine Budget Speech, ermöglicht sie doch tiefe Einblicke in das, worauf zumindest finanziell und regulatorisch das Land zusteuert. Zweifelsohne ist für das uns hier interessierende Gebiet der Steuern die Haushaltsrede eine Fundgrube, werden doch Tendenzen und Schwerpunkte der Regierungspolitik für unser Beratungsfeld aufgezeigt und, wie immer bei solchen Ereignissen, Überraschungen verkündet.
Die Herausforderung des Finanzministers ist sicherlich, dass er kraft seines Amtes den erreichten Lebensstandard zwar durch steigende Ausgaben verteidigen darf, doch dabei nicht auf eine konzertierte Aktion mit den anderen Ministerien setzen kann, um notwendige Reformen gegen den alten Filz und überkommene Strukturen gezielt anzugehen. Denn nur so könnte sich die wirtschaftliche Lage des Landes nachhaltig verbessern, die der Minister ja schließlich zu administrieren hat. Anyway! Dass die Staatsquote im Landesvergleich extrem hoch bleibt, die Schuldenfalle Handlungsspielräume verbaut, das Wachstum stets zu optimistisch prognostiziert und der nachfolgende fiskale Shortfall nicht alleine wegen Corona auch zukünftige Haushalte wieder belastet, ist deshalb allen Beteiligten von vorn herein klar. Erstaunlich, dass Reizthemen wie Escom-Subventionen trotz anhaltender Dunkelheit dieses Jahr unerwähnt blieben. Öffentliche Infrastrukturprojekte sollen nun aber verstärkt über private Partnerschaften realisiert werden. Es scheint sich auch die Erkenntnis herumzusprechen, eine Erhöhung der Steuerquote vor dem Hintergrund der Betrugsskandale und einer weiter bröckelnden Steuermoral wirke auf die Einnahmenseite kontraproduktiv und stellt sowieso kein Heilmittel gegen die mittlerweile 7,5 Mio. Arbeitslosen dar. Weiter, und das ist wichtig: das Land soll für Inbound-Investitionen international attraktiver werden, indem die Verbesserung steuerlicher und administrativer Rahmenbedingungen Vorrang erhält.
Für die Unternehmensbesteuerung bedeutet das: Verbreiterung der Steuerbasis (z.B. über eine Zinsschranke), Vermeidung von Schlupflöchern (insbesondere bei den sog. Loop-Structures) bei maßvoller Absenkung der Körperschaftsteuer in den nächsten Jahren auf zunächst 27%, Tendenz fallend.
Und für Verbraucher: Sie werden zwar durch weiter steigende Abgaben belastet doch bei der Steuerprogression geschont. Die Umsatzsteuer bleibt unverändert. Und last but not least: absehbar wird es keine Vermögenssteuer geben.
Doch das eigentlich Bemerkenswerte vollzieht sich im Hintergrund der Ankündigungen. Hier zeichnet sich ein wesentlicher Schritt für die Zukunft ab. Um was geht es hier?
Eines der Haupthindernisse für internationale Investoren und beim Aufbau eines modernen Finanzwesens in Südafrika sind die Devisenbestimmungen der SARB. Die historischen Gründe für den Aufbau einer starken Devisenregulation in Südafrika haben wir an anderer Stelle erläutert. Seitdem verfügt der Staat mit der SARB zur Kontrolle des für Südafrika wesentlichen Auslands- und Devisensektors über ein Instrumentarium, das die historischen systemischen Schwächen der Steuerverwaltung ab dem Zeitpunkt auszugleichen ermöglichte, als das Land auf das Welteinkommensprinzip seiner Besteuerung umstellte. Für den Betroffenen, ob international orientierter Unternehmer oder Verbraucher, gerierte sich das über ein streng reglementiertes nationales Bankensystem administrierte Melde- und Genehmigungsmonster wegen seiner Unberechenbarkeit, Langsamkeit und seiner hohen Kosten jedoch zunehmend als Entscheidungshilfe gegen Geschäfte mit und in Südafrika und damit zum nationalen Wachstumsblocker. Streng nach der Maßgabe, es ist alles verboten, wofür nicht ausnahmsweise eine Erlaubnis erteilt werden muss, blieb dem von der SARB gegängelten Deviseninländer oft nur die «financial emigration», um die Hoheit über seine internationalen Finanz- und Unternehmensentscheidungen zurück zu erlangen. Zur Verdeutlichung der Zusammenhänge: Steuerlich motivierte Selbstanzeigen oder Hinterziehungsverfahren mit Auslandsbezug enden regelmäßig auch in der Strafverfolgung durch die Devisenregulierer mit dem ihnen eigenem drastischen Sanktionskatalog. Zahlungen aus Devisenvergehen sind steuerlich natürlich nicht abziehbar.
Noch einmal: Dieses Instrumentarium also wird sukzessive zurückgefahren oder gar in wesentlichen Bereichen ganz abgeschafft!
Hinfällig werden bei dieser Gelegenheit zum Beispiel schwer verständliche Begriffsbestimmungen aus der Devisenwelt wie die des «Resident», der sich im Steuerrecht nach völlig anderen Kriterien vom «Non Resident» abgrenzt. Ohne dieses Kriterium ist eine physische Auswanderung dann auch nicht mehr zwingende Voraussetzung für einen Zugang zum freien Devisenverkehr, es reicht der Wechsel von der unbeschränkten zur beschränkten Steuerpflicht. In einer Information an den Berufsverband der südafrikanischen Steuerberater hat SARS (Finanzamt) Ende des vorigen Monats die Übergangsbestimmungen bei Auslandsinvestitionen (foreign investment allowance) und die Stärkung der zentralen Kontrollfunktion der Unbedenklichkeitsbescheinigung (Tax Compliance Status) dargelegt, die seit dem 1.3.2021 das alte zweigleisige Genehmigungsverfahren bei SARB ablösen (Wortlaut im Downloadbereich unserer Webseite).
Während viele Bestimmungen also schlichtweg entfallen bzw. die zuständigen Stellen (Banken) statt Genehmigungsanträge zu verwalten eher zum Depositär des neuen Meldeverfahrens mutieren, besteht der wesentliche Shift nun darin, dass die regulativen Steuerungsinstrumente, die der Staat mit seiner Devisenkontrolle verfolgte, in die Steuergesetzgebung übergehen, wo sie auch in anderen Ländern ohne Devisenkontrolle verordnet sind.
Das macht Sinn, denn Südafrika verfügt mit SARS innerhalb des OECD Frameworks über eine weltweit anerkannte und vernetzte Verwaltung mit Zugriff auf den globalen Datenaustausch, deren Handlungsrahmen für transnational agierende Institutionen, Unternehmen und Ausländer berechenbarer ist als eine überholte nationale Regulierungsbehörde.
Diese Entwicklung begrüßen wir nicht nur als international tätige Steuerberater, sondern auch deshalb, weil sie den Standort Südafrika als offenen Wirtschaftraum für Investoren wesentlich aufwertet.
Voraussetzung zur Implementierung des neuen Systems war eine tiefgreifende Reform der südafrikanischen Finanzverwaltung und deren erfolgreiche Digitalisierung, die seit 3 Jahren mit Volldampf voranschreitet. Zu diesem Reformpaket gehört in der kommenden Legislaturperiode der weitere Ausbau des automatisierten Meldeverfahrens: Das gerade abgeschlossene Steuerjahr war nämlich das erste, in dem die vollautomatische Steuerveranlagung für die Masse der Lohnempfänger eingeführt wurde. Auf dem Programm steht nun, dieses Verfahren zu generalisieren und die dadurch freiwerdenden Ressourcen auf den Aufbau einer speziellen Veranlagungs-Taskforce zu lenken, die mit Unterstützung künstlicher Intelligenz und ausgefeilten Risikoprofilen Kontrollprüfungen intensiviert und Auffälligkeiten nachspürt. Teil dieses Informationsprozesses ist, dass nun auch Immobilienverwalter und Notare, wie bereits zuvor Banken und Versicherungen, Datensätze mit standardisierten Vermögens- und Erträgnisaufstellungen (sog. IT3b/c-Meldungen) an den Zentralcomputer übermitteln. Mittelfristig und zur Eindämmung des besonders im Goldhandel ausgeprägten Umsatzsteuerbetruges soll sogar die Abgabe von Umsatzsteuer-Anmeldungen entfallen: Ähnlich dem europäischen ZM-Verfahren ermittelt das Finanzamt aus dem Datenkonvolut der leistenden lokalen Unternehmer den monatlichen Vorsteueranspruch der Leistungsempfänger und kürzt deren Umsatzsteuer-Zahllast entsprechend.
Man sieht, es bleibt wie immer spannend im Steuerrecht.
Ihr Anselm Steiner MA, MSc Taxation, Steuerberater, Master Tax Practitioner (SA) © Steiner Tax Consultants (Pty.) Ltd., Cape Town - www.steiner-taxconsultants.com
Stand 3/2021
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